Seit ungefähr fünf Jahren ist es normal für mich, als Autorin und Bloggerin durch die Welt zu ziehen. Ich kann mir aussuchen, wo ich aufwache, wann ich aufstehe, mit wem ich Zeit verbringe, wie viel ich arbeite. Wenn ich es möchte, dann habe ich zwölf Monate im Jahr Sommer und verbringe die Zeit an Australiens Stränden oder umgeben von Balis Reisfeldern. Ich habe mir mein Leben exakt so kreiert, wie ich es mir gewünscht hatte. Schon vor Jahren hatte ich eine Vorstellung von meinem Traumleben, dann habe ich mich auf den Weg gemacht, genau das zu bekommen.
Was in den ersten zwei Jahren viel Zeit und Arbeit gekostet hatte, ging danach in einen natürlichen Fluss über. Ich musste kaum noch arbeiten. Zuvor hatte ich immer wieder etwas von passivem Einkommen gehört, und dann war genau das für mich plötzlich real geworden. Mein erstes Buch Freiheit beginnt im Kopf und mein Blog Modern Hippie liefen so gut, dass ich nicht mehr als drei bis vier Stunden in der Woche arbeiten musste. Es war der absolute Wahnsinn zu realisieren, dass das Leben nach den eigenen Wünschen verlaufen kann. Ich lebte also den Traum, den ich leben wollte. Nein, eigentlich war es noch viel besser und viel mehr, als ich erwartet hatte.
Und trotzdem: Es kam ein Punkt, an dem fühlte ich mich plötzlich leer. Ich hatte die volle Freiheit und alle Möglichkeiten, die ich mir nur wünschen konnte. Ich lebte ein Leben, von dem die meisten Menschen nur träumen konnten. Doch etwas fehlte.
Jahre zuvor war ich in meinem Leben gefangen gewesen, es hatte mir die Luft zum Atmen abgeschnürt. Ich machte eine Ausbildung, die ich nicht mochte, fing an, internationales Management zu studieren und konnte mein Leben einfach nicht leiden. Es fühlte sich fremdbestimmt an. Es war so, als ob ich einfach nur nach Vorstellungen anderer lebte und meine eigenen Wünsche und Hoffnungen dabei vernachlässigte.
Angst regierte über mein Leben. Die Angst zu versagen. Die Angst, nicht reinzupassen und nicht akzeptiert zu werden. Ich tat das, was vernünftig war, und lernte dabei zum ersten Mal, dass Angst kein guter Begleiter ist.
Diese Zeit führte zu Depressionen und Panikattacken. Ich wollte frei sein, lebte jedoch wie ein Vogel im Käfig. Irgendwann fing ich an zu reisen, und mein Mindset veränderte sich schnell. Ich konnte Freiheit riechen und die Person sein, die ich sein wollte. Es schien mir die beste Option zu sein, ein Weltbürger zu werden. Und das bin ich dann auch geworden.
Warum ich über Liebe schreibe
Als diese Leere in mein „Traumleben“ getreten war, führte mich eine meiner Reisen nach Thailand. Auf der wunderschönen tropischen Insel Koh Phangan entschied ich mich dazu, an einem Atemworkshop teilzunehmen, der mich wortwörtlich wegpustete.
Ich praktizierte seit vielen Jahren Yoga, meditierte und experimentierte auch mit anderen Praktiken. Aber das, was ich dort erleben durfte, war so viel mächtiger und fundamentaler als alles, was ich zuvor ausprobiert hatte. Und ich hatte echt schon viel ausprobiert.
Ich durfte wahre Freiheit erfahren. Die Freiheit im Herzen. Es war ein unglaublich schönes Gefühl, das keinem anderen bis dahin glich. Jegliche andere Form von Freiheit fühlte sich danach billig an. Nicht echt. Falsch irgendwie. Einfach sehr begrenzt im Vergleich dazu.
Ich erkannte: Liebe ist frei und nicht im Außen zu finden. Wir sind Liebe.
Und ich konnte sie spüren, sehen. Es gab keine Zweifel. Es war eine Erfahrung, die mein komplettes Leben veränderte. So sehr ich es auch versuchte, es war einfach nichts mehr so wie zuvor. Ich habe schnell verstanden: Alles, was nicht von Herzen kommt, ist nur so lala. Mein Herz hatte sich so geöffnet, dass ich plötzlich viel mehr spüren und wahrnehmen konnte. In mir, in anderen und in meinem Umfeld. Es zeigte mir, dass wir aus dem Gefühl der Liebe heraus leben sollten.
Welche Rolle die Angst spielt
Als ob mich das Universum testen wollte, schlitterte ich ein paar Tage nach dem Workshop in eine Beziehung, die mich sehr herausforderte. Das Gefühl der reinen und puren Liebe war plötzlich verschwunden.
Ich ließ mich auf diese Beziehung ein. Alles ging unglaublich schnell. Meine alten Muster wurden so sehr getriggert, dass ich nicht wusste, wie mir geschah. Ich fand mich nach ein paar Monaten mit kaum Selbstwert wieder, traute meiner eigenen Intuition nicht mehr und fühlte mich, als ob ich schleichend sterben würde. Noch nie zuvor in meinem Leben habe ich so eine Achterbahnfahrt erlebt. Noch nie habe ich mich so klein gefühlt.
Die Höhen und Tiefen hielten mich irgendwie in dieser Verbindung fest. Achterbahnfahren ist ja aufregend. Ehrlich gesagt war es einfach nur der pure Wahnsinn. Durch dieses ungesunde Auf und Ab war das Gefühl von Angst wieder präsent in meinem Leben. Angst, mich selbst zu verlieren. Sogar Angst zu sterben, da ich während der Beziehung sehr krank wurde. Ich fühlte mich verloren in Drama. Die Angst regierte über mein Leben. Kurz nach der wundervollsten Erfahrung war also meine schmerzhafteste in mein Leben getreten.
Noch Monate nach dem Ende dieser Beziehung machte ich mir Vorwürfe. Wie hatte ich mich auf so eine ungesunde und respektlose Verbindung einlassen können?
Und dennoch: All das brachte mich weiter. Ich fing an, diese Erfahrung als die wichtigste meines Lebens zu sehen. Als die Erfahrung, die mich zurück zu mehr Selbstwert und Selbstliebe brachte. Denn es war die lehrreichste Zeit meines bisherigen Lebens. Und solche Zeiten können sehr wertvoll sein.
Es muss keine schmerzhafte Paarbeziehung sein. Es können die Eltern, Kinder, Freunde, Arbeitskollegen, der Chef, die Gesellschaft, ein Unfall oder ein anderes einschneidendes Ereignis sein, das uns blockiert, uns die Sicht versperrt und vorerst in Richtung Angst führt – und irgendwann, wenn wir es zulassen, kann die Liebe zurückkehren und sich fest in uns verankern.
Crack yourself open
Ich erkannte im Rückblick viele Muster, die dazu dazu geführt hatten, dass ich mich überhaupt auf so eine Beziehung einlassen konnte. Ich entdeckte Muster meiner Eltern und Großeltern. Zum ersten Mal ging ich noch tiefer und intensiver auf meine eigene Entwicklung ein. Ich lernte wieder, mich selbst zu lieben und bessere Entscheidungen zu treffen. Ich verabschiedete Muster der Vergangenheit, die zum Teil sehr schmerzhaft und ungesund waren.
Ich durfte wachsen und kam tatsächlich wieder zu dem Gefühl der puren Liebe zurück – trotz und vielleicht auch wegen der negativen Erfahrung in dieser belastenden Beziehung. Diese tiefe Liebe, die ich heute empfinden darf, ist anders. Sie ist gestärkter und bodenständiger. Und nach wie vor ist dieses Gefühl mit keinem anderen vergleichbar.
Ich bin durch den Schmerz hindurchgegangen. An vielen Tagen schien mein Leben hoffnungslos.
Rückblickend wirkt es für mich so, als ob ich einmal komplett aufgebrochen worden wäre, um bedingungslose Liebe erlauben zu können. Liebe für mich und für andere.
Ich bedankte mich für diese Erfahrung und schickte bedingungslose Liebe zu den Menschen, die mich verletzt haben. Und genau das ist das Gefühl von Freiheit.
Ich habe Licht in die Wunde gelassen, und Liebe kam dabei heraus. Ich bin stärker als zuvor und habe zurück zur Liebe gefunden. Ich fühle mich freier, geliebter und mächtiger als früher. Die Freiheit, die ich vorher gelebt hatte, war schön, ist aber nicht vergleichbar mit diesem Gefühl, das ich heute erleben darf. Die Freiheit vorher war begrenzt. Die jetzige ist unbegrenzt. Denn Liebe ist grenzenlos. Liebe kann so viel und versucht immer wieder, uns zu ihr zurückzuführen.
Ich dachte, Freiheit bedeutet, die Welt bereisen zu können. Ich war aber nicht frei. Ich spürte erst wahre Freiheit, als ich aus Liebe heraus handelte und die Angst, die mein ständiger Begleiter gewesen war, hinter mir ließ.
Wie ich die Macht über mein Leben zurückholte
Mein Herz kannte das Gefühl von Liebe sehr gut, jedoch rebellierte mein Verstand noch etwas. Erst als ich anfing, bessere Entscheidungen zu treffen, meiner Intuition wieder zu trauen und mir ausreichend Selbstwert einzuräumen, veränderte sich alles. Herz und Verstand gingen plötzlich Hand in Hand.
Ich war im Gefühl der Liebe und vertraute meinem Leben wieder. Dadurch entdeckte ich meine wahre Stärke und konnte sie leben.
Erst dann wurde es richtig interessant auf meinem Lebensweg. Denn es öffneten sich Türen, von denen ich vorher nur hatte träumen können.
Die Perspektive hat sich verändert. Wenn du in deine eigene Macht trittst, dann hast du nicht mehr den kleinen Blickwinkel von früher. Du weißt inzwischen, dass du selbst deinen Mikrokosmos gestaltest und somit viel Verantwortung, aber auch viel Freiheit hast. Du hast die Macht, über dein Leben zu bestimmen und es so zu gestalten, wie du es dir wünscht.
Weshalb ich dieses Buch geschrieben habe
Viele Menschen denken und handeln aus dem Gefühl der Angst heraus. Bewusst oder auch unbewusst. Und das ist verdammt schade, da es unsere Lebensenergie blockiert. Diese Blockade kann zu unerfüllten Träumen, falschen Beziehungen, Krankheiten, Depressionen und zig anderen Problemen führen. Es ist fast so, als ob das Lebenspotenzial anklopfte und wir es aus Angst heraus nicht einlassen könnten.
Ich zähle auch zu diesen Menschen. Ich bin ein absoluter Schisser und muss mich immer wieder überwinden, wenn es darum geht, etwas Neues zu machen – aus der Komfortzone herauszutreten. Meistens kriege ich es aber irgendwie hin, meinen Kopf davon zu überzeugen, es doch zu tun. Manchmal versuche ich aber auch, Situationen aus dem Weg zu gehen, und das Resultat fühlt sich dann falsch an. Nicht das zu machen, was sich das Herz wünscht, ist schmerzhaft. Es ist enttäuschend, dass die Angst größer ist als der Mut und die Liebe.
Angst führt keinen von uns in die richtige Richtung, und wir treffen aus dem Gefühl der Angst heraus häufig die falschen Entscheidungen. Wir entscheiden uns gegen uns und unser Leben. Angst hält uns von wundervollen Dingen ab. Ich möchte nicht, dass wir später bedauern, dieses oder jenes getan zu haben. Uns einfach nicht getraut zu haben.
Heute weiß ich, dass Angst sehr oft absolut keinen Sinn macht, wir aber gelernt haben, sie zu respektieren und unser Leben von ihr bestimmen zu lassen. Angst macht unsere Welt kaputt. Sie zerstört den Planeten und die Hoffnung vieler Individuen.
Ich glaube an ein kollektives Bewusstsein – dass wir alle miteinander verbunden sind –, und es ist sehr wichtig, dass die Liebe über die Angst siegt. Wir sind nicht hier, um uns zu fürchten. Auch wenn uns die Welt oftmals so präsentiert wird. Die Medien zeigen uns, wovor wir Angst haben sollten. Uns wird eine Welt gezeigt, in der es angeblich mehr Angst als Liebe gibt.
Ich glaube das aber nicht. Ich glaube, dass es von unserem Fokus abhängt. Und ich glaube auch, dass Liebe ansteckend ist.
Angst hält uns gefangen.
Liebe ist befreiend.
Entscheiden wir uns also für die Liebe!
Deine Evelin
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